Pioniere/innen
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Heuss, Theodor

* 1884 Brackenheim; † 1963 Stuttgart

1890 zog seine Familie nach Heilbronn, weil sein Vater dort Leiter des Tiefbauamtes wurde. Da er dort seine Jugend- und Schulzeit verbrachte, bezeichnete Heuss Heilbronn als seine Heimatstadt. Er studierte Nationalökonomie und Staatswissenschaften in München und Berlin. Sein Studium schloss er 1905 mit einer Dissertation über den Weinbau und den Weingärtnerstand in Heilbronn ab.

„Wer Wein trinkt, betet, wer Wein säuft, sündigt!“

Es folgten erste Berufserfahrungen als Journalist und Dozent in Berlin und Heilbronn, bevor er 1924 als Reichstagsabgeordneter erstmals eine aktive Rolle in der Politik übernahm. 1933 verlor er durch die Nazis seine Dozentur und sein Reichstagsmandat. Seine Schriften wurden verboten oder verbrannt. 1943 siedelte er nach Heilbronn, um Unterschlupf bei Verwandten zu finden. Nach dem Krieg trugen ihm die Amerikaner ein Ministeramt in Stuttgart an und 1949 wurde er zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik gewählt. Dieses Amt hatte er 10 Jahre inne. Am 12. Dezember 1963 starb er kurz vor seinem 80. Geburtstag.

Was spricht dafür, ihn zu den Pionieren der deutschen Weinkultur zu zählen?
Die deutschen Weinkulturliebhaber können stolz darauf verweisen, dass Prof. Dr. Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik, seine Dissertation über ein Weinthema schrieb. Er selbst bemerkte dazu in seinen Lebenserinnerungen Vorspiel des Lebens, dass die Erwähnung seines ersten wissenschaftlichen Versuchs meist eine nachsichtige Heiterkeit bei den Zuhörern gefunden hätte. Besondere Schlaumeier hätten darauf hingewiesen: „Wie Stresemann über den Flaschenbierhandel“. Heuss: „Ich selbst war über diesen Vergleich meist etwas gekränkt und pflegte vorzubeugen, ließ mir aber die Erinnerung nicht nehmen!“   

Vielmehr war er stolz auf seine schwäbische Erdung und seine Kontakte zu den Wengertern. Es ist wenig bekannt, dass er als junger Berliner Journalist in Artikeln Stellung zu aktuellen weinbaupolitischen Fragen bezog, wie z.B. zur sogenannten Weinfrage und zur Weinsteuer. Seine Weinaffinität bezog er später bewusst in seine politischen und diplomatischen Aktivitäten ein. Seine Gäste profitierten von guten Weinen, meist aus Württemberg und Baden. Er verteidigte diese regionale Auswahl mit dem Hinweis, dass die politischen Gäste bei Konrad Adenauer mit Rhein- und Moselweinen versorgt würden.

Die Zuhörer von Theodor Heuss kamen bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten in den Genuss seines Humors und seiner Weinanekdoten. Er war ein Liebhaber von Rotweinen und insbesondere des Lembergers. Als der Deutsche Weinbauverband und der Sektverband ihm bei einem Besuch ein Weinpräsent überreichten, meinte Heuss: „Die roten sind für mich, die anderen Weine können sich meine Mitarbeiter nehmen!“ Bei guten Weinen und angenehmen Gesprächspartnern blieb der Bundespräsident auch bei Staatsempfängen gerne länger. Eine Anekdote erzählt, dass sein Protokollant ihn bei später Stunde darauf hinwies, dass es Zeit zum Gehen sei, da kein Staatsgast vor ihm den Saal verlassen dürfe. Daraufhin erhob sich Heuss und verkündete: „So, der Bundespräsident geht, der Heuss bleibt no hocke!“ Und damit wandte er sich wieder seinem Gegenüber und seinem Lemberger zu.

Es war bekannt, dass er seine Reden selber schrieb. Auf die Frage des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Reinhold Maier, wie lange er für eine Rede zu einem speziellen Fachgebiet gebraucht habe, antwortete er: „Im Allgemeinen brauche ich für eine Rede eine Flasche Wein lang. Für diese Rede habe ich dreieinhalb Flaschen Wein lang gebraucht!“ Er hatte einen trockenen Humor! Dies zeigte sich auch an seiner Devise: „Weintrinken ist kein Problem des Durstes, sondern der Kanalisation!“      

Theodor Heuss hat geradezu die Intension des Wine in Moderation-Programms vorformuliert, als er 1954 bei einer Rede in Wiesbaden sagte: „Der Weingärtner, der den Wein pflegt, der ist gar nicht so sehr für den Säufer. Er ist für den Mann, der sparsam, aber zuverlässig jeden Abend sein Viertele trinkt!“. Zugegeben, heute hätte der Bundespräsident gendergerecht formuliert und nicht nur den Mann, sondern auch die Frau angesprochen.

Unser Tipp: Wer mehr über Theodor Heuss und seine Beziehungen zum Weinsektor wissen will, dem empfehlen wir:

Quellen
  • Hachenberger, Richard: „Theodor Heuss – Stationen beim Wein“, Schriften zur Weingeschichte Nr. 120, Gesellschaft für Geschichte des Weines, Wiesbaden (1997)     

  • Schrenk, Christhard: Theodor Heuss – Gedanken über einen ungewöhnlichen Deutschen“, Schriften zur Weingeschichte Nr. 161, Gesellschaft für Geschichte des Weines, Wiesbaden (2008)

  • Stresemann, Gustav: Dissertationsschrift „Die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts“

  • Heuss, Theodor: Dissertationsschrift „Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn a.N.“

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